Allein und Erziehend. Jasmine.

Vroni ist sieben. Normalerweise besucht sie die 1. Klasse der Sprengelschule um die Ecke. Seit vier Wochen ist sie nun alleine zuhause mit ihrer Mutter. Jasmine hat bisher alles gut hinbekommen. Jetzt schwinden ihre Kräfte. Sie tippt als Buchhalterin von zu Hause, das ginge eigentlich problemlos, doch die Tochter möchte ständig beschäftigt werden. Ihre 2-Zimmer Wohnung ist nun Arbeitsplatz, Spielplatz, Fitnessraum, Kantine, Fernsehzimmer und Schule.

Die Oma war immer eine große Unterstützung gewesen. Jetzt hat Jasmine niemand mehr. Der Vater von Vroni hat sich kurz nach der Geburt verabschiedet. Sie hätte niemals gedacht, dass sie Vroni so anschreien könnte. Sie meckert fast nur noch. „Spiel doch mal alleine.“ „Mami muss arbeiten.“ Nein, nicht den Tisch anmalen.“ Wenn Du das noch einmal tust, Vroni, dann nehme ich Dir Deine Barbie weg.“. Als ihre Tochter unlängst mal wieder nicht auf sie hörte, hätte sie ihr Handy am liebsten an die Wand gepfeffert. So wütend war sie. Aber das wichtigste Instrument zur Außenwelt kaputt schlagen ?

Sie kann diese selbstoptimierten Mütter und Väter im Netz nicht mehr ertragen. Diese ‚Sport-challenges in der Coroni-Zeit ‚oder dieses ’neue Fremdsprachenlernen in der Auszeit‘. Sie ist einfach nur fertig.

Sie dachte, sie hätte schon die schlimmste Lebensphase hinter sich. Damals, als sie sich um Unterhalt und über das Umgangsrecht mit dem Vater von Vroni im Jugendamt gezofft hatte.

Sie ruft ihre Freundin Lea an. Sie will sich einfach nur auskotzen und weinen. Sie ist froh, dass sie Freunde hat, die ihr Mitgefühl entgegen bringen und ihr zuhören. Alle unterstützen sich mit guten Tipps im Moment gegenseitig. Sie weiß, wie wichtig ein strukturierter Tagesplan ist, und wie notwendig es ist, gerade in diesen schweren Zeiten, „ICH“-Inseln zu etablieren. Unlängst konnte sie Lea helfen herauszufinden, wo und wie ihre Freundin in diesem kleinen Rahmen kleine Kraftinseln finden konnte. Nach dem Telefonat ging es ihr besser. Die Freundinnen wollen jetzt täglich telefonisch in Kontakt bleiben, um sich auszutauschen. Vroni ist müde und reibt sich die Augen. Ihr Abendritual mag sie. Waschen. Vorlesen. Kuscheln. Sie hat Glück, Vroni war immer eine gute Schläferin. Sobald die Äugeln ihrer Tochter zugefallen sind, wird sie sich in die Wanne knallen und entspannen. Morgen ist wieder ein neuer Tag für den sie viel Kraft brauchen wird.

Corona Familiengeschichten, Frauke

Frauke ist durch. Gestern hatte sie Lea angebrüllt, weil sie Ihre Sch… Referat nicht erledigte, heute ist Ben, ihr 2 Jahre älterer Sohn dran.

Der 14 jährige chillt auf dem Stressless Sessel seines Vaters und weigert sich, sein Handy der Mutter auszuhändigen. „Warum kümmert sich Alex eigentlich nicht darum“, dauernd muss sie ran und die Kinder antreiben. Sie ist sauer.

Tania schlüpft in Kleidung, die eher ihr altes Ich wiederspiegeln, als dass einer Geschäftsführerin und einer starken Mutter. Egal, denkt sie. Heute sieht mich ja eh keiner. Die Videokonferenz wurde gerade verschoben… .

  1. Dann atmet sie erstmal. Nicht einfach so. Als Technik. Hat sie gelernt. Sie hat mehrere Entspannungsverfahren durchprobiert. AT-Autogenes Training, PMR-Progressive Muskelrelaxation, und bei der MBSR-Achtsamkeistbasierende Entspannung ist sie hängen geblieben. Sie spürt wieder ihre Füße, die auf dem Boden stehen, der sie trägt. Immer. Auch im eigenen Heim, aus dem sie zur Zeit nicht fliehen kann. Praktisch eigentlich, der Atem ist immer dabei. Oft helfen ihr 10 bewußte Atemzüge. Langsam ein und aus, um in die Emotionsregulation zu kommen.
  2. Frauke kennt noch eine andere Methode um ihre Anspannung los zu werden. Sie reißt sich eine große Ecke der Nutella verschmierten Tageszeitung ab, und schreibt schnell vier Gedanken und vier Gefühle auf, die sie bei sich wahrnimmt. „Stimmt“, denkt sie leise, „Auch, wenn ich mich schon lange nicht mehr so beschissen gefühlt habe, existieren doch auch positive Gedanken und Gefühle in mir. “ Sie guckt von außen auf ihre Stimmung. Auf der Metaebene. Das hilft oft. „Man ist soviel mehr, wie das momentane dominante Gefühl. Und man muss sich auch nicht immer damit identifizieren.“, flüstert sie in sich selbst hinein.

Irgendwie kann sie jetzt wieder klarer denken. Sie muss mit Alex ihrem Mann reden, und ihm mitteilen, wie ausgebrannt sie sich fühlt. Sie möchte die Verteilung der täglich anfallenden Aufgaben mit ihm noch einmal besprechen.